Wenn es hier einmal in der Woche darum geht, die Bedeutung von Crowdsourcing zu unterstreichen und zu veranschaulichen, dann gibt es eigentlich nichts Überzeugenderes, als das mit erfolgreichen Beispielen zu tun. Und in der Tat: Es ist schon mehr über Crowdsourcing gelaufen auf dieser Welt, als man auf den ersten Blick sehen mag. Es gibt bereits global verbreitete Produkte und Systeme, die auf diese Art zustande gekommen sind.

Ganz besonders erstaunlich dabei ist, dass einzelne Ergebnisse der "gecrowdsourcten" Arbeit dabei in einem offenen Wettstreit mit Produkten aus "traditioneller" Produktion stehen - und sich damit keineswegs nur die Produkte, sondern ganze Philosophien von Arbeit und Markt gegenüberstehen. Sieger und Verlierer sind noch nicht ausgemacht, der Kampf ist noch in seiner heissen Phase. Noch können beide Lager sich leisten, an die Überlegenheit ihres Systems zu glauben. In zwei, drei, spätestens fünf Jahren wird das vermutlich anders aussehen.

Aber beginnen wir dort, von wo aus sich auch grosse Geschichten meist entwickeln: am Anfang.

Irgendwann im Jahre 1991, als das gesamte Internet noch rund eine Million User weltweit hatte (!), war auf einer Diskussionsseite folgende Notiz - sinngemäss und frei übersetzt - zu lesen:

"Ich baue ein (offenes) Betriebssystem (ist nur ein Hobby, wird nichts Grosses und Professionelles). ... Ich würde dazu gerne wissen, was es alles können sollte. Alle Vorschläge sind willkommen, aber ich verspreche nicht, dass ich jeden umsetze :-)"

Hätte man damals Wetten auf die weitere Entwicklung dieses Hobbies abschliessen können - man hätte es tun sollen. Aber damals wie heute war diese Idee nicht investierbar. Eine bescheidene Ansage gezielt an Leute, die's interessiert (das Internet bestand damals vor allem aus Techies und Wissenschaftlern), ein Aufruf zur Mitarbeit, ein paar Regeln, wie's läuft - und das ganze zur richtigen Zeit. Alle Voraussetzungen für erfolgreiches Crowdsourcing in ein paar Zeilen verpackt. Wie ging die Geschichte weiter? Es kamen vereinzelte Antworten, etwa in diesem Stil:

"Ich bin sehr interessiert an diesem Betriebssystem. Ich wollte eigentlich auch schon ein Eigenes schreiben, habe aber nicht die Zeit, alles von Grund auf neu zu schreiben. Ich sollte aber sicher die Zeit finden, beim Aufbau eines Baby-Betriebssystems mitzuhelfen :-)"

Es folgten noch ein paar weitere Antworten - bis heute vermutlich ein paar hunderttausend. Das Baby-OS läuft heute auf rund 40% aller Server dieser Welt und ist auch für Millionen von PC-Usern zum Symbol des Widerstands gegen die diktatorische Dominanz aus Redmond geworden. Wie bereits gesagt: Der Kampf ist noch nicht ausgefochten. Aber das effizientere System wird gewinnen...! Eine der schönen Geschichten aus der Welt des Crowdsourcing also - und wohl kaum die letzte.

Frage zum Freitag nun, bevor's wirklich Wochenende wird:

Wer war der Autor der ersten Notiz? Wie heisst das Betriebssystem?

Beste Grüsse!

Frank