Exploring the fitness landscape

Einen schönen guten Morgen allerseits!

Zuerst einmal für alle, denen die Kommentare zum letzten Post durchgegangen sind: Es ging um Linus Thorvalds' Linux, das eines nahen Tages die Konkurrenz der Kollegen von Microsoft plätten wird.

Wieso soll das so sein?!

Man stelle sich eine Karawane in der Wüste vor - auf der Suche nach Möglichkeiten, die Vorräte aufzufüllen. Sobald irgendwo in Sichtweite eine Oase auftaucht, wird die Karawane sie ansteuern und dort rasten. Man ist froh, einen Rastplatz gefunden zu haben und nimmt in Kauf, möglicherweise nicht den schattigsten Ort mit den reichsten Vorräten gefunden zu haben. Aufwand und Risiko einer weiteren Suche wären viel zu hoch - keine Oase zu finden, würde ja den Tod der Karawane bedeuten. Deshalb begnügt man sich vernünftigerweise mit dem, was vermutlich nur die zweit- oder drittbeste Lösung darstellt - oder in ungeschickten Fällen auch nur die sechst- oder siebtbeste.

Nehmen wir als Karawane die Entwickler eines beliebigen Software-Anbieters: Sie mit dem Auftrag loszuschicken, die beste und einzige Lösung zu finden, kann sehr, sehr teuer werden und in einem Totalausfall enden. Dann nämlich, wenn das Geld aus ist, bevor dieses Ziel erreicht ist. Es gibt dafür einige tragische Beispiele. Also sucht und realisiert man sinnvollerweise Lösungen, die vor allem erreichbar sind. Und solange alle anderen die gleichen Probleme haben, ist man ja nur genauso schlecht wie sie.

Problematisch wird's, wenn andere mit einem ganz anderen System unterwegs sind: Wenn beispielsweise eine Gruppe Wüstenwanderer dezentral und verteilt durch die Wüste zieht und sich laufend über ihre Beobachtungen austauscht. Man sichtet die verschiedenen möglichen Rastplätze, vergleicht sie mit den Berichten der anderen Wanderer - und kann schliesslich die Oase mit den besten Möglichkeiten aussuchen. Interessant dabei: Man akzeptiert, dass im Nachhinein nur einer die richtige Oase gefunden hat - alle andern "lagen falsch". Aber gerade die Information über diese "falschen" Lösungen ist es, mit der die "richtige" zielstrebig ausgewählt werden kann. Fehler als strategisches Element - wer sich genügend Fehler leisten kann, gewinnt.

Möglich wird das im Bereich der Software-Entwicklung über open source-Strukturen, bei denen - im besten Fall - Heerscharen von freien Entwicklern immer wieder neue Lösungen suchen. Wie bei einem lebendigen Organismus werden alle Entwicklungsmöglichkeiten ausgelotet - und die meisten davon sind Sackgassen. Kein Unternehmen der Welt könnte es sich leisten, so viele Sackgassen auszuleuchten - open source-Communities können's, weil die Kosten und Risiken jeder selber trägt. Und dieser Weg der Zielerreichung ist an Effektivität kaum zu überbieten - von ganz seltenen Ausnahmen vielleicht einmal abgesehen:

Diese gezielte Lösungssuche - also das systematische Auswählen richtiger Lösungen aus dem schier unendlichen Raum der Möglichkeiten - nennt man die "fitness landscape", in der ganz entscheidend ist, mit welchem System man seine Strategien auswählt.

Deshalb ist es letztendlich auch nur eine Frage der Zeit, wann auch den grössten Softwarehäusern der systematische Fehler passiert, ihre Entwickler in eine unerforschte Sackgasse zu schicken - und sie dort nicht mehr herauszubringen, bevor das Licht ausgeht.

Und dann stellt sich ganz schnell die Folgefrage: Wieso sollte das nur bei Software so sein...?!

Stürmische Zeiten also, die - wie gelegentlich vor der Haustüre - heftige Wetteränderungen verheissen. Bei omanet werden wir uns diesen Herausforderungen im laufenden Jahr noch direkter stellen. Aber dazu nächstes Mal mehr - es soll ja spannend bleiben...

Beste Grüsse,

Frank