Anders gefragt: Stünde es um die Integration von Randgruppen des Arbeitsmarktes in einer massiv "gecrowdsourcten" Welt besser?

Werden wirklich Barrieren heruntergerissen, die Randständigen bisher den Zugang zum Markt verweigert haben?

Zunächst einmal scheint die Antwort einfach: Ja, Crowdsourcing macht den Zugang zum Arbeitsmarkt für alle einfacher! Es ist völlig irrelevant, wer hinter einem online-Beitrag steht und in welcher körperlichen, geistigen oder psychischen Verfassung der Urheber einer online-Lösung ist. An die Infrastruktur eines Unternehmens werden keine zusätzlichen Anforderungen gestellt, wenn behinderte Menschen in der Community der Problemlöser mitarbeiten. Zudem gibt es in virtuellen Teams keine Berührungsängste, keine Vorurteile, keine Unsicherheiten - es zählt nur das Ergebnis, das geliefert wird. Absolute Chancengleichheit im "gecrowdsourcten" Arbeitsmarkt - Meritokratie pur eben als Eigenschaft dieses sehr effizienten Arbeitsmodells.

Genau diese Meritokratie, diese ausschliessliche Orientierung am Ergebnis, birgt aber auch ein Risiko: Nur die besten Lösungen werden gesucht sind gut genug. Die besten haben gute Chancen, alle andern gar keine. Nun gibt es benachteiligte Menschen, die kaum eine Chance dazu haben, zu den Besten zu zählen: Wer über krasse Bildungsdefizite verfügt, wird Mühe haben, bei Fachthemen mitzudiskutieren. Und eine geistige Behinderung kann es verunmöglichen, an komplexen Problemlösungen mitzuarbeiten. Wenn nur die besten Ergebnisse zählen, haben es alle schwer, die dazu aufgrund fehlender Voraussetzungen nicht in der Lage sind. Das ist die Kehrseite eines effizienten, auf Bestleistung getrimmten Marktes.

In klassischen Organisationen mit ihren verschiedenen Abteilungen und Teams lassen sich - einen aktiven Entscheid dazu vorausgesetzt - Plätze schaffen, wo solche Menschen eine dauerhafte Beschäftigung finden. Es lassen sich Möglichkeiten schaffen, die diesen Kollegen die Arbeit erleichtern - und nicht zuletzt ist eine aktive gegenseitige, persönliche Auseinandersetzung untereinander möglich und erwünscht.

Und das ist im Crowdsourcing schwierig. Sicherlich: Es gibt auch hier die Möglichkeit, durch aktive Entscheide Räume und Betätigungsmöglichkeiten für Menschen mit sozialen Benachteiligungen oder Behinderungen zu schaffen - die klassischen Barrieren dafür sind sicherlich geringer. Aber der Entscheid muss nicht minder aktiv gefällt und umgesetzt werden.

Crowdsourcing schafft also neue Möglichkeiten für einen sozialeren Arbeitsmarkt - löst die Aufgabe aber keineswegs von alleine. Es bleibt in der neuen wie in der alten Arbeitswelt das gleiche: Es gibt nichts Gutes ausser man tut es...